Sonntag, 30. April 2017

Kluges Mädchen

Sie ist fünf Jahre alt. Sie hat einen Grad an Selbstbewusstsein und Schläue erreicht, der die Tante (mich) von Tag zu Tag unbesorgter sein lässt. Gut, okay, meine Nichte trägt Leggings in zweifelhafter Aufmachung voller Motive aus dem Disney-Streifen "Die Eiskönigin" und auch sonst viel Pinklilaglitzerfirlefanz, den sie noch dazu drei- bis fünfmal täglich per Umziehorgie wechselt - was ihr hoffentlich alles noch ausgetrieben werden kann, sich von selbst ergibt und/oder dann später wenigstens ordentlich peinlich ist. Aber ansonsten hat sie echt den Durchblick!

Wofür "Sex and the City" fast 100 Folgen und noch Kinoabklatsche brauchte, wofür ganze Ratgeberregale gefüllt werden, wofür fast jede sogenannte "romantische Kömödie" 90 Minuten und eine gefühlte Ewigkeit länger braucht, hat meine Nichte einen einfachen Test gefunden. Die Suche nach dem Mann fürs Leben ist mit diesem Test, diesem Weitblick, dieser Konsequenz und vielleicht auch einer Portion Ignoranz eine Leichtigkeit. Zumindest kann man einen bestimmten Typ "Mann" per Test von vornherein ausschließen - die Schwuppe. Schwuppen sind Wesen, die als Mann gezählt werden, dafür aber eindeutig zu wenig Testikelpower haben (eine genauere Definition findet sich hier). 

Es ist ganz einfach ... 


Meine Nichte sagt, dass sie einen Mann heiraten wird, der gerne Äpfel isst. Und zwar ungeschälte Äpfel. Denn unter der Schale, doziert sie, stecken die Vitamine. Schön, meine Nichte sorgt sich um das Wohlergehen ihrer Mitmenschen und besonders um das Wohlergehen ihres Partners, das allein ist schon gut. Zudem, so referiert sie weiter und rollt dabei mit ihren großen Kulleraugen, kann man einfach keinen Mann heiraten, der sich einen Apfel - so er ihn denn überhaupt isst - von seiner Mama schälen lässt! Nein, das geht gar nicht! Recht hat sie. Ein Kerl(chen) mit so wenig Biss, dass die Schale eines Apfels schon zu viel ist und ein Wesen, das - noch dazu - beim Entfernen selbiger auf die Hilfe seiner Mutter setzt, ist kein partnerwürdiger Kandidat. Das ist, als würde Muddi die Rinde vom Brot abschneiden ...

Gut. Okay. Jungs im Alter meiner Nichte sind freilich noch in einem Alter, in dem man(n) sich von seiner Mama helfen lassen darf. Doch die Grundidee meiner Nichte stimmt, zumindest stimmt sie mich im Kontext ihres weiteren Verhaltens zuversichtlich in Sachen ihrer (!) Zukunft. Meine Nichte hat nun diverse Kumpels aus dem Kindergarten eingehend unter dieser Prämisse betrachtet und ist zu dem Schluss gekommen, dass  sie Kevin* heiraten wird. Kevin** ist Äpfel mit Schale und beißt beherzt hinein. Der Rest der Kindergartenjungs ist durchs Raster gefallen ... was hoffentlich nicht heißt, dass da eine ganze Generation Schwuppen heranwächst!

* So, aha, hm, Kevin also ... ein Schelm, wer da über den Zusammenhang von Intellekt seiner Eltern und Namensgebung nachdenkt. Und gerade im Kontext dessen, dass seine Mama mal eine Schönheitskönigin war und ihr Heil in Thermomix, Kitchenaid und Eismaschine sucht, ist Kevin vielleicht auch nicht die optimale Wahl. Zumindest nicht eingedenk der Tatsache, dass frau ja immer auch die Familie irgendwie mitheiratet ... da kann ich nicht aus der Tantenhaut, da kommen Mutterinstinkte hoch. Kevin heiraten zu wollen wird ihr vielleicht noch ausgetrieben, ergibt sich von selbst und/oder ist ihr später wenigstens ordentlich peinlich. 

** Name geändert, ist aber ungefähr so schlimm wie das Original.